Fünf Jahre ist er alt. 11,8 km ist er lang. Als "Traumtour" wurde er bezeichnet.
Und 2019 war er nominiert zu "Deutschlands schönstem Wanderweg 2019" und hat in der Kategorie "Touren" den 8. Platz belegt:
Der Rundwanderweg "Wäller Tour Bärenkopp" im traumhaften Wiedtal.
Wir sind gespannt und voller Vorfreude auf diese Rundtour.
Direkt an der Wied in Waldbreitbach starten wir. Die Wied schlängelt sich mit ihren gesamt 102 Kilometern idyllisch durch die Region Westerwald bis sie bei Neuwied schließlich in den Rhein mündet. Hier von Waldbreitbach aus hat sie noch 16 km vor sich, bevor sie über den Rhein weiter zur Nordsee gelangt - auch ihr steht also noch eine spannende Tour bevor.
Es gilt, ein paar Höhenmeter zu machen, um schließlich halb um Waldbreitbach herum immer wieder einen herrlichen Panoramablick auf das kleine Zentrum im Wiedtal erhalten zu können, bevor es wieder aus dem Wald heraus und hinab zum Fluss geht und wir diesen über eine der vielen Fußgänger- und Radbrücken überqueren müssen.
Noch unten im Tal der Wied schauen wir schon mal, wo der Weg uns hinführen wird. Oben rechts im nächsten Bild erkennt Ihr das Kreuz, welches am Bärenkopp aufgestellt ist - Namensgeber für diese Rundtour.
Im Vordergrund links auf dem etwa 170 m hohen Hahnenstein steht das Weiße Kreuz, welches Ende des 19. Jahrhunderts aufgrund eines Kulturkampfes zwischen dem Königreich Preußen mit Reichskanzler Otto von Bismarck und der katholischen Kirche unter Papst Pius IX vom Schreinermeister Becker aus Waldbreitbach aufgestellt wurde. Denn 1875 wurden alle geistlichen Orden verboten, was zur Folge hatte, dass die diplomatischen Beziehungen zum Vatikan abgebrochen und sogar Pfarrer und Bischöfe inhaftiert oder ausgewiesen wurden. Peter Becker, der Schreiner in Waldbreitbach, gelobte, dass er, wenn bald wieder ein neuer Pastor in die Gemeinde kommt, auf dem Hahnenstein ein Gedenkkreuz aufstellen wird.
Eine Annäherung von Bismarck zur katholischen Kirche gelang unter dem neuen Papst Leo XIII, so dass 1891 Peter Becker mit seinem 9-jährigen Sohn das Eichenholz-Kreuz auf dem bis dahin nicht begehbaren Felsen aufgestellt hat - ein ziemlich gefährliches Unterfangen.
Bis heute wird das Kreuz von Familie Becker gepflegt.
Wir queren rasch die L255 und tauchen wieder in den Wald ein. Peu à peu führt uns der Pfad sanft nach oben und bereits nach kurzer Zeit erreichen wir den östlich von Waldbreitbach liegenden Judenfriedhof, welcher Anfang des 19. Jahrhunderts entstanden ist.
Es ist so beklemmend: Da leben Menschen viele, viele Jahre nachbarschaftlich in einer Gemeinschaft - örtlich, regional, global - zusammen, man arbeitet miteinander, lacht miteinander, hilft sich gegenseitig, ist im Vereinsleben integriert. Und dann: Verrat, Zensur, Verfolgung, Vernichtung.
Unbegreiflich.
Noch immer.
Und schon wieder.
Wir erreichen den "Kühlen Grund" - hier soll es auch im Hochsommer immer angenehm kühle Temperaturen haben.
Über einen kleinen Abstecher ist das Weiße Kreuz gut zu erreichen - Ihr müsst diesen kleinen Umweg unbedingt machen. Man hat einen herrlichen Blick über das Wiedtal und den Westerwald.
Blick vom Weißen Kreuz
Weiter geht es bergan durch den Hochscheider Seifen, ein ausgewaschenes Basaltbecken, hinauf in Richtung Bärenkopp. Die letzten Meter schlängeln sich in Serpentinen hinauf. Trotz des Schattens der Bäume rinnt uns in dieser Mittagshitze der Schweiß.
Man kann den Bärenkopp auch über eine Umleitung erreichen, welche etwas länger und nicht so steil ist.
Wir entscheiden uns aber für die kürzere Variante und kommen schließlich doch recht zügig am 304 m hoch liegenden Gipfelkreuz an.
Es bietet sich uns ein wunderschöner Panoramablick in das Wiedtal und zurück zum Weißen Kreuz.
Und was bedeutet nun Bärenkopp?
Bär steht für bar, blank, kahl.
Und Kopp heißt Kuppe oder Bergspitze.
Wir befinden uns also auf der blanken Bergkuppe.
Die Ausschilderung des gesamten Weges ist sehr gut. Und die kleinen Überraschungen, die statt des Wegweisers am Baum hängen, sind originell. Dieser kleine Engel hier jedenfalls macht uns Mut und zeigt uns auf, dass wir wohl auf dem richtigen Weg sind.
Weiter geht es an Verscheid vorbei über die Hochfläche zwischen Wied- und Fockenbachtal. Auch hier ist es unbenommen, dass wir uns wieder Zeit nehmen, unsere Blicke schweifen zu lassen. Bis hinein ins Siebengebirge können wir heute schauen.
Und ein paar Meter weiter, am Schäfers Kreuz, reicht der Blick bis weit in die Eifel hinein.
Wir erreichen das Luh-Kapellchen, welches Wallfahrer, Wanderer und Reisende einlädt.
"Es hält sich die Meinung, dass der Name "Luh" eine volkstümliche Abkürzung für Apollonia (Lon, Lun) wäre. Vielmehr wird die "Lohe" schon seit 1578 erwähnt, als sie noch im Besitz der Deutschherren ist.
Immer war das Kapellchen der Heiligen Apollonia geweiht, der man einen Erfolg beim Vertreiben von Zahnschmerzen nachsagt." (Quelle: Infotafel am Wegesrand).
Luh-Kapellchen
Über einen kleinen Umweg erhaschen wir einen Blick ins nahegelege Fockenbachtal und die Neuerburg auf der gegenüberliegenden steilen Felsklippe. Die ursprünglich staufische Burg stammt aus dem 12. Jhd. und ist heute, nach einer bewegenden Geschichte, in Privatbesitz.
Neuerburg
Am Rande von Glockscheid erreichen wir das Mutterhaus des Waldbreitbacher Ordens der Franziskanerinnen, welches 1886 erbaut wurde.
Die Gründung des Ordens geht zurück auf Margaretha Flesch (bürgerlicher Name). Mit der Ordensgründung im Rahmen der Feierlichkeiten am 13. März 1863 in der Kreuzkapelle nahm Margareta den Namen Schwester Maria Rosa an.
Lest die kurze Biografie von Mutter Rosa - eine bemerkenswerte Frau.
Am 4. Mai 2008 wurde Mutter Rosa im Trierer Dom selig gesprochen.
Bis heute wird die Gemeinschaft gelebt und viele tolle Projekte umgesetzt und unterstützt. Auch hier lohnt es sich vorbeizuschauen und zu verweilen.
Endspurt.
Wir schlagen den Weg weiter nach Waldbreitbach ein. Aufmerksam werde ich auf die Glühbirnen, die hier entlang des Weges hängen.
Auch hierauf hat Jürgen, mein Wanderbegleiter, der hier in Waldbreitbach aufgewachsen ist und sich sehr für die Region und die Geschichte interessiert, die Antwort: diese Glühbirnen sind Teil der 3.500 Birnen, die den Wanderweg entlang des Waldhanges in der Weihnachtszeit beleuchten und über die Wegeführung den Stern von Bethlehem abbilden. Gleichzeitig sind dann im Winter hier entlang über 30 Krippen ausgestellt.
Waldbreitbach ist daher auch bekannt als das Weihnachtsdorf mit großer Krippenausstellung - kennt Ihr's?
Über den Weg zu den am Ortsrand liegenden Weihern kommen wir wieder in Waldbreitbach an. Oberhalb der Weiher gab es früher einen freien Platz am Waldrand, der in Jürgens Jugendzeit als Bühne für die Theatergruppe diente. Das Publikum saß am Hang gegenüber, jenseits der Straße, die natürlich zu dieser Zeit nicht stark befahren war.
Schöne Erinnerung, schöne Idee. Ich finde, diese Tradition sollte man wieder aufleben lassen.
Bevor wir die Wäller Tour abschließen, zeigt mir Jürgen noch die Rose der Hoffnung, welche natürlich auch hier in Waldbreitbach, sozusagen als das Zuhause der VOR-TOUR der Hoffnung, auch gepflanzt wird. Über den Verkauf dieser sehr farbenfrohen Beetrose wird die VOR-TOUR der Hoffnung auch mit unterstützt. Tolle Initiative!
Es ist eine schöne, kurzweilige Tour (v.a., da Jürgen dabei ist und ganz viel Informationen und Wissen hat, welches er gerne teilt).
DANKE, Jürgen, für diese wunderschöne Wanderung rund um Deine Heimat! Immer wieder gerne!
Infos und Karte mit Höhenprofil zum Nachwandern:
Rose der Hoffnung - mehr zur VOR-TOUR der Hoffnung
Mehr zum Wiedtal: Vulkan trifft Limes
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Rainer (Donnerstag, 09 Juli 2020 20:46)
Liebe Anja, wie immer ein super toller Bericht.
Ich habe mich beim lesen gefühlt als wäre ich den Weg schon einmal gewandert.
Anja (Donnerstag, 09 Juli 2020 21:42)
Lieber Rainer,
danke Dir für Dein Feedback. Schön, dass wir Dich auf diese Tour so mitnehmen konnten.
Bestimmt gibt es eine nächste Tour - ob per Pedes oder Pedal - die wir mal wieder gemeinsam unternehmen können.
Freu mich drauf!