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Freipusten. Kurztrip nach Zeeland.

 

Den Kopf freipusten lassen. Wer braucht das nicht ab und an? Ganz so stürmisch wie an dem Wochenende im Februar in Zeeland hätte es nicht unbedingt sein müssen - dennoch.... 😉.

 

Zuhause gibt es Absagen der Fastnachtsumzüge wegen Sturmwarnungen. Für die Narren tut es mir sehr leid, weiß ich doch, wieviel Arbeit in dem Bau der Themenwagen und den Kostümen steckt.

 

Ich genieße allerdings in diesem Jahr abseits der Fastnacht diese Atmosphäre an der Nordsee, die helfen soll, mal wieder die Gedanken so richtig zu ordnen.....oder auch mal einfach an nichts zu denken.

 

Wobei vorab: an NICHTS denken hat nicht ganz geklappt. Zu viel, was einen beschäftigt.

Dazu die Dinge, Bewegungen, Gedanken, die bei uns in Deutschland seit längerem aufkommen. In der Narrenzeit ist es ja erlaubt, "ungestraft die Obrigkeit zu kritisieren". Und was in diesem Jahr in der Bütt gesprochen wurde - siehe z.B. Andreas Schmitts Wutrede -, war deutlich, mutmachend, kann nicht oft genug geteilt, weitergetragen, gelebt, verstanden werden.

 

Nieuwvliet-Bad

 

Es mutet so an, als könnte man hier an einem menschenleeren Strand seine Wege ziehen und die endlose Weite genießen. Tatsächlich aber bin ich nicht alleine am Strand von Nieuwvliet - viele Gäste nutzen dieses (verlängerte) Wochenende, um die Nordseeluft zu schnuppern.

 

Liegt es (nur) an der Nähe zur Destination oder liegt es an der Karnevalsflucht, dass mir hier in Zeeland verstärkt die Autos mit den Nummernschildern aus dem Düsseldorfer-/Kölner-/Bonner-/Mainzer- und Trierer-Raum auffallen?

 

 

Wasser und Land - ein Wechselspiel. Die Flüsse Schelde und Maas haben hier vor langer Zeit die Sandflächen in die Inseln von Zeeland geteilt und den ersten Menschen, die sich vor 15.000 Jahren hier niederließen, folgten u.a. die Römer und die Wickinger. Eindeichungen, versunkene Landstriche, Sturmflutkatastrophen wie die 1953 zeugen davon, wie die Zeeländer sich das Leben zwischen Land und Wasser zu eigen gemacht haben.

 

 

Auf der windabgewandten Seite dieser Muscheln lässt der Wind seine Fracht - die Sandkörner - fallen und es entsteht ein kleiner Sandhaufen. Ob hieraus mal richtig große Dünen werden?

 

Groede

 

Auch Groede in der Region Zeeuws-Vlaanderen kann Geschichten erzählen von Überschwemmungen und Flutungen. In der Zeit von 1583 bis 1612 ragte nur der Kirchturm der Grote Kerk raus - der ganze Ort drumherum stand unter Wasser.

 

Die flämische Architektur mit dem typischen Stufengiebel findet sich in den Fassaden der Häuser in den Straßen von Groede mit ihren Geschäften, Werkstätten, Museen .... wieder. Dadurch, dass Groede einst ein "Rotes-Kreuz-Dorf" war, blieb der Ort von den Angriffen im 2. Weltkrieg meist verschont.

 

Grote Kerk
Grote Kerk

Breskens

 

Der nördlichste Ort von Zeeuws Vlaanderen ist Breskens, ein kleines Hafenstädtchen an der Scheldemnündung.

Während Groede im 2. Weltkrieg kaum beschädigt wurde, wurde Breskens 1944 durch Bombardierung fast vollständig zerstört.

 

Die kleineren Schiffe im Fischereihafen laufen noch täglich aus, während die größeren der ca 20 Boote umfassenden Flotte von Montag bis Freitag weiter draußen auf ihren Fang gehen.

 

Der Sturm pfeift durch den Hafen und bringt das Tauwerk der Schiffsmasten mächtig in Schwingung. Ich erinnere mich an alte Seemannsgeschichten - es hört sich an wie Stimmen in Not geratener und ertrunkener Seemänner - etwas unheimlich.

 

Cadzand

 

Südwestlich von Nieuwvliet an der Grenze zu Belgien liegt Cadzand - der südlichste Ort der Niederlanden. Der Ort ist bekannt für seinen 11 km langen Strand und seine wunderschönen Dünen.

 

Die Windmühle Het Nooitgedacht, eine von mehreren Windmühlen im Ort, ist das Wahrzeichen von Cadzand. Diese Hügelgetreidemühle ist noch immer im Dienst und mahlt das biologisch angebaute Getriede dieser Region. Ich bin zu früh im Jahr vor Ort, um die Mühle besuchen zu können und komme somit nicht in den Genuss von leckerem Pfannenkuchen und gesundem Brot.

 

Brügge

 

Mal kurz über die Grenze ins Landesinnere erreiche ich nach ca 30 Minuten Auto-Fahrtzeit Brügge, die Hauptstadt der Provinz Westflandern in Belgien. 

 

Den Grote Markt hätte ich im Mittelalter noch mit dem Schiff erreichen können. Bis heute ist die Altstadt von Kanälen umgeben - über den kleinen Fluss Reie war Brügge mit der Nordsee verbunden. 

Mit zum Ensemble rund um den Grote Markt gehört der 83m hohe Brügger Belfried. Diese hohen, schlanken Glockentürme sind typisch für flämische Städte. Er ist der höchste Turm der Stadt - kein (Neu)Bau darf höher sein. 

 

Auch findet man direkt an diesem zentralen Markt den Regierungssitz Westflanderns, untergebracht in neugotischem Stil erbauten Provinciaal Hof.  

 

Der Belfried am Grote Markt
Der Belfried am Grote Markt
Mittig: Der Provinciaal Hof. Links angrenzend das Historium Brügge, ein mittelalterliches Erlebnis-Museum
Mittig: Der Provinciaal Hof. Links angrenzend das Historium Brügge, ein mittelalterliches Erlebnis-Museum

 

Liebevoll restaurierte Giebelhäuser rahmen den Grote Markt mit ein:

 

 

Unweit des Grote Markt steht die Sint-Salvatorskathedraal (St. Salvatorkathedrale), die älteste Gemeindekirche der Stadt. Und ist die Bischofskirche des römisch-katholischen Bistums Brügge seit dessen Wiederbegründung 1834. 

 

 

Und wir alle wissen: (fast) nirgends werden Schokolade, Pralinen und Waffeln mit so hoher Qualität und mit viel Liebe zubereitet wie in Belgien.....

 

 

Was bleibt?!

Nicht nur der Sturm hier an diesem Wochenende hat zum Freipusten beigetragen. Eine solch kleine Auszeit als Ichzeit ab und an tut richtig gut. Etwas Abstand zum Job, zum Alltag. Etwas neu justieren, gerade rücken. Neue, andere Perspektiven. Wichtiges. Unwichtiges. Begegnungen. Gespräche. Zeit. Keine Termine. Treiben lassen.

 

GEHAICHNIS.

 

 

 

Im letzten Winter durfte ich die kleine Auszeit als Ichzeit in St.-Peter-Ording erleben.

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