La Palma!
Oder wie sie vollständig heißt: La Isla de San Miguel de La Palma!
Manche sagen, sie sei die schönste der Kanaren.
Ich kenne bis zu meinem Besuch auf La Palma erst Lanzarote (mit Stippvisite auf Fuerteventura) und Gran Canaria (mit Stippvisite auf Teneriffa).
La Palma ist anders.
Nach vier Stunden lande ich auf dem Internationalen Flughafen südlich von Santa Cruz und schlendere über das Rollfeld entlang des Flughafengebäudes in Richtung Gepäckband. In der Abflughalle warten bereits die Reisenden, die mit meiner Maschine wieder zurück nach Deutschland gebracht werden sollen. Während ich voller Vorfreude auf meinen Aufenthalt auf La Palma die Rückreisenden betrachte und Ausschau halte, entdecke ich unter diesen die Freunde, die gerade ihre Woche auf der Insel beenden (müssen). Schnell werden noch ein paar Tipps ausgetauscht und schon sitze ich im Taxi nach Puerto Naos auf der Westseite der Insel, wo ich mir ein Standortquartier für die kommenden Tage gebucht habe.
Mit den Tipps im Gepäck plane ich die kommenden Tage. Ich möchte meinen Kopf mal wieder frei bekommen. Muss Entscheidungen treffen. Und erhoffe mir von meinem Aufenthalt auf La Palma den nötigen Abstand und richtigen Blick "von außen" hierzu.
Entdeckungstour durch die Caldera de Taburiente
Um die richtige Entscheidung zu treffen, will ich es genau wissen und suche die Herausforderung: Ich starte direkt am nächsten Tag die Wanderung durch die Caldera de Taburiente.
Die Caldera de Taburiente mit ihren neun Kilometern Durchmesser und 28 km Länge liegt im Zentrum der Insel. Überall lese ich, dass nur gut erfahrene und gut ausgerüstete Wanderer diese Tour machen sollen, da die Strecke sehr anspruchsvoll sein soll.
Ich schließe mich einer geführten Gruppe an. Wir fahren mit einem Großraum-Sammeltaxi zum Mirador de Los Brecitos und starten von hier erst mal gemütlich zur Playa de Taburiente.
Es geht leicht bergab durch Kiefernwald, der Weg ist (noch) gut und breit. Immer wieder öffnet sich ein Blick auf den Nordrand der Caldera mit ihren steilen Felswänden.
Bei der Caldera de Taburiente handelt es sich um einen der größten Krater weltweit. Klar, dass mich als Geografin die Entstehungsgeschichte dieses Gebietes interessiert.
Vulkanismus bzw. die Prozesse, die unsere Erde formen hat mich schon immer fasziniert - schließlich habe ich mit den Maaren in der Eifel, dem höchsten Kaltwasser-Geysir der Welt in Andernach, den steilen Felswänden mit den Felsrippen im Rhein rund um die Loreley, den Edelsteinen im Naheland..... spannende Naturgewalten direkt vor meiner Haustür.
Und wie so oft, diskutieren auch hier rund um La Palma die Wissenschaftler und versuchen, das Rätsel um die Caldera de Taburiente zu lösen. Nach neuester Erkenntnis und nach Beobachtungen beim Ausbruch des Mount St. Helens 1980 in Amerika geht man davon aus, dass die Caldera de Taburiente auf einem riesigen Erdrutsch einhergehend mit einer gewaltigen Explosion basiert. Daher auch ihre typische Hufeisenform.
Unser Guide hat uns alle im Blick und beobachtet auf unserem Weg vom Mirador de Los Brecitos zur Playa de Taburiente jeden von uns. In der Playa angekommen, legt er einigen von uns nahe, wieder zurück zum Mirador de Los Brecitos zu spazieren und das Taxi zurück zu nehmen: fehlende Trittsicherheit, fehlende Ausrüstung, fehlende Kondition sind seine Argumente, so dass er diesen abrät, die folgenden sechs Stunden den Weg durch die Schluchten und über die Wildbäche mit zu gehen.
Mich schickt er nicht zurück, obwohl ich wegen seiner wiederholten Aussage, dass es ab jetzt sehr anspruchsvoll werden wird, schon selbst an mir zweifele und mit dem Gedanken spiele, einfach auch mit zurückzugehen.
Ich gebe aber nicht auf.
Die Playa de Taburiente ist ein Stück Talgrund, wo mehrere Bäche zusammenfließen und sich hier zum Rio de Taburiente sammeln.
Diesem Fluß folgen wir nun, müssen ihn gefühlte 100 x überqueren. Nach Stunden hoher Konzentration und anstrengender Wanderung passiert es auch mir, dass ich beim Queren des Bachbetts stürze, mich aber schnell wieder aufraffe, weiter gehe, die Herausforderung annehme.
Nach ca sechs Stunden kommen wir zum Wanderparkplatz im Barranco de Las Angustias. Wir aber gehen noch weiter in Richtung Barros und entdecken rechts am Hang mit einem genialen Blick ins Tal eine kleine Bar. Das kühle Bier, welches wir uns nach einer anstrengenden, aber absolut tollen Tour hier auf der Bar-Terrasse im angehenden Sonnenuntergang gönnen, tut richtig gut.
Mit dem Taxi komme ich wieder nach Puerto Naos. Glücklich. Eine Erfahrung reicher. Einen Schritt weiter in Bezug auf meine anstehenden Entscheidungen.
Bootstour auf dem Atlantik
Am nächsten Tag geht es mit dem Bus nach Puerto de Tazacorte. Heute ist absolute Entspannung angesagt. Und da ich es liebe, auf dem Wasser zu sein, habe ich mich heute für einen Bootsausflug entschieden.
Treiben lassen. Ausblicke genießen. Auf den Wellen schaukeln. Die Sonne spüren.
Wir schippern nach Norden die Küste entlang. Und gelangen zur Cueva Bonita. Obwohl am späten Nachmittag in dieser "Schönen Höhle" die Sonnenstrahlen ein noch schöneres Lichtspiel bieten sollen, gefällt es mir jetzt am Vormittag auch schon recht gut.
Weiter nach Norden kommen wir an der "Schmugglerbucht" bei Tijarafe vorbei. Zu diesem pittoresken Ort kann man auch unter zurücklegen von 700 Höhenmetern hin wandern.
Es heißt, dass sich hier früher Piraten und Schmuggler unter diesem Felsüberhang "Poris de Candelaria" versteckt haben.
Heute dienen die Hütten den Einheimischen als Wochenendhäuschen. Ob diese Bebauung legal ist, wird wohl noch geklärt.
Ein wunderschöner Tag auf dem Meer geht zu Ende und wird auch noch gekrönt duch die Begegnung mit ganz vielen Zweizahnwalen, die meist in Gruppen zusammenleben und die uns auf dem Rückweg nach Puerto de Tazacorte begleiten.
Über Los Llanos de Aridane, wo ich in den Bus nach Puerto Naos umsteigen muss, gehts wieder Richtung Süden. Hier klingt der Tag bei einem leckeren Glas Tinto auf der Terrasse am Meer sitzend gemütlich aus.
Für den nächsten Tag ist aber wieder eine entschleunigende zwar, aber aktivere Maßnahme 😉 angesagt!
Wanderung entlang der Küste La Palmas
Ich begebe mich auf den Königsweg im Norden der Insel. Auf dem Weg rund um Santo Domingo de Garafía habe ich immer wieder tolle Ausblicke auf das Meer, begegne vielen Drachenbäumen, spaziere durch blühende Gartenlandschaften, passiere einige der Eingänge von Lavahöhlen, die früher von den Guanchen als Wohn- oder Begräbnisstätte genutzt wurden.
Der Weg führt auf und ab, unterbrochen durch die Barrancos. Wir werden über Trampfelpfade geleitet und erhaschen immer mal wieder weite Blicke über die Steilküste hinweg auf den Atlantik, die farbenfrohe Vegetation, einsame Bauernhäuser und kleine Dörfer.
Hier ist das regenreichste Gebiet der Insel. Es leben fast nur noch ältere Menschen hier in diesen Orten. Lange war diese Gegebend von dem Rest der Insel abgeschottet und nur zu Fuß, mit dem Esel oder per Boot zu erreichen.
Es scheint aber nach einer Abwanderungswelle wieder eine Trendwende einzutreten und die Menschen wieder hierher zurückzukehren.
Nach diesem Spaziergang über den Königsweg suche ich mir für den kommenden Tag wieder eine anspruchsvollere Tour.
Wanderung über die Cumbre Vieja
Früh starte ich zu diesem Gebirgszug, der den Süden der Insel in zwei Hälften teilt. Der Osten dieses Bergrückens ist durch Laubwälder bedeckt, die die notwendige Feuchtigkeit durch den Passatnebel beziehen. Der Westen ist trocken und von der Sonne verwöhnt.
Ich habe mich wieder einer Gruppe angeschlossen. Wir starten am Picknickplatz El Pilar am Rande des Nationalparks Cumbre Vieja.
Vor uns liegen über 23 km durch eine bizarre Lavalandschaft, vorbei an noch aktiven Vulkanen.
Auch dafür ist La Palma bekannt: für die Passatwolken. Während diese trockenen Passatwinde auf ihrem Weg über den Atlantik viel Feuchtigkeit aufnehmen und am Cumbre Nueva aufsteigen, geben sie ein wunderschönes Spektakel und Wetterphänomen ab.
Diese Wolkenberge, die über den Gipfel hinwegströmen, sind toll zu beobachten.
Es folgt ein langer Aufstieg durch den schattigen Wald. Schließlich erreichen wir die Baumgrenze und haben den Kamm der Cumbre Vieja erklommen.
Ich lasse meinen Blick über die Wolken schweifen. Das Meer unter dieser Wolkenschicht kann ich nur erahnen. Am Horizont im Osten La Palmas mache ich Teneriffa aus - erkannt am Teide, der sich über der Wolkendecke erhebt.
Über diese Wege der Vulkanroute geht's ab und an auch in schnellerem Tempo: Wenn sich die Läufer zum Trailrunning hier auf La Palma treffen. Meinen Respekt diesen Sportlern - nicht nur die Hitze macht mir auch gemütlichen Schrittes zu schaffen, auch der starke Wind weht mich fast vom Kamm, nimmt mir den Atem. Und immerhin bewegen wir uns hier jetzt auf ca 2000 m Höhe.
Ich bin wieder in "meinem" Element. Gehe ganz nah an den Kraterrand der verschiedenen, den Weg begleitenden Vulkane. Bin ganz vorsichtig, denn die Vulkanasche ist ganz locker - ich will nicht in den Krater abrutschen.
Vor 150.000 Jahren begann hier in der Cumbre Nueva (alte Bergkette) die vulkanische Aktitvität. 1971 fand hier der letzte Ausbruch an der Südspitze der Insel bei Los Canarios statt und ließ den Vulkan Teneguìa entstehen.
Was für Naturgewalten.
Was für ein Farbenspiel an schwarz, braun, rostroten Farbtönen.
Was für eine Kraft, wenn sich die Vegetation durch dieses vulkanische Gestein seinen Weg bahnt - und neue Farbakzente setzt.
Schließlich beginnt der Abstieg durch ein langes Aschefeld vorbei an spärlichen Kieferwäldern.
Mit kleinen, losen Aschesteinchen in den Wanderschuhen kommen wir schließlich in Los Canarios an. Am Ortsrand dieses Ortes, der weit aus mehr Gästebetten als Einwohner hat, finden wir mal wieder eine nette, kleine Bar für einen netten, kleinen Abschluss.
Für die Rückfahrt ist ein Bus organisiert, der uns über Santa Cruz entlang der halben Ostküste La Palmas und wieder quer über die Insel nach Puerto Naos im Westen der Insel bringt.
Abschiedsrunde
Mein letzter Tag. Schon.
Ich miete mir ein Auto und mache mich auf auf den Weg zum Roque de Los Muchachos, dem höchsten Berg dieser Insel. Die kurvenreichen Straßen - nicht nur hinauf zum Gipfel - haben es in sich. Hier auf La Palma zählen nicht die Kilometer, sondern die Zeit, die man benötigt, um von A nach B zu gelangen.
Auf dem Weg hinauf zum Roque de Los Muchachos sieht man schon von Weitem die weißen Teleskope der Sternwarte Observatorio Astrofisico - eine der weltweit größten Sternwarten. Da hier oberhalb der Passatwolkenschicht fast das ganze Jahr über sehr gute Sichtverhältnisse herrschen und die Nächte kristallklar sind, existieren hier beste Voraussetzungen für astronomische Forschungen.
Rund um den 2.426 m hohen Roque de Los Machachos gibt es zwölf weitere um die 2.000 m hohe Gipfel, die die Caldera de Taburiente einrahmen und die ich auf meiner ersten Wanderung hier auf dieser Insel von unten aus fasziniert bewundern konnte.
Es gibt verschiedene Wanderrouten entlang des Kraterrandes, die immer wieder einen Blick in die Caldera, auf die Südspitze der Insel bzw. die Nachbarinseln (bei guter Sicht) ermöglichen.
Mich aber zieht es heute weiter. Meine Absicht ist, einmal über die LP1 den Norden der Insel bis Santa Cruz zu umrunden.
Doch die Fahrt über diese kurvenreichen Straßen, durch Wolken und Nebel fast wie ein Blindflug, erscheint mir unheimlich. Ich wende mich wieder einer Strecke Richtung Südwesten zu, erhasche wieder Sonnenschein und Ausblicke in die Barrancos, suche mir gemütliche Cafés, um Ausblicke zu genießen, lausche dem Meer auf der Hafenmole bei Puerto de Tazacorte.
Es heißt, Abschied nehmen. Auf Wiedersehen zu sagen. Von einer wunderschönen Insel mit faszinierenden Panoramen, Landschaftsformen, Möglichkeiten, Menschen, Spezialitäten.
Bisher stimmt die Aussage - für mich ist La Palma bis jetzt die schönste Insel der Kanaren.... neben La Gomera, welche ich zwei Jahre später auch noch besuchen durfte.
Was mich immer mit La Palma verbindet ist, dass ich durch das hier Erlebte und Erfahrene schließlich die richtigen Entscheidungen für mich herbeiführen konnte.
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Hubert (Dienstag, 16 Februar 2016 18:33)
Awwwwhhhh.... so schön! Ich will da auch hin! Und ich hab aufgepasst:
"Und da ich es liebe, auf dem Wasser zu sein, habe ich mich heute für einen Bootsausflug entschieden."!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Tschakka! Hab ich oder Du das nun geschrieben? :))
Achim (Dienstag, 16 Februar 2016 22:15)
Mensch Anja, was für ein Timing. Am Freitag geht es los nach La Palma, da kommen Deine Tipps gerade recht
Anja (Mittwoch, 17 Februar 2016 05:46)
Hallo Hubert,
dann nichts wie hin - nach La Palma!
Und von wegen "ich liebe es, auf dem Wasser zu sein..." - machst Du die Tour quer über den Atlantik bis Südamerika? DA (!) wäre ich auch gerne dabei
Anja (Mittwoch, 17 Februar 2016 05:54)
Hallo Achim,
Euch ganz viel Spaß, geniale Touren und Erlebnisse!
Man kann hier auch (wie in unseren
Gastlandschaften ☺(!)) richtig toll wandern und Rad fahren - und abends super bei nem leckeren Glas Wein - hier dann am Meer