Seitensprünge - das sind die Rundwanderwege rund um den Moselsteig, der 365 km von Perl an der französischen Grenze bis zum Deutschen Eck nach Koblenz führt.
Die ursprüngliche Bedeutung "Seitensprung" meint, den Sprung (z.B. eines Pferdes) in seitliche Richtung. So wie die Rundwanderwege rechts und links des Moselsteiges.
Ausgesucht haben wir uns für das alljährliche Wander-Wochenende die fünfte Etappe des Moselsteiges von Trier bis Schweich sowie den Moselsteig-Seitensprung Klüsserather Sagenweg.
Unser Gepäck können wir schon im Hotel in Schweich deponieren. Weiter geht's mit dem Bus nach Trier. Hier starten wir unsere Etappe zum Moselsteig.
Trier war viele Jahre während meiner Studienzeit meine Heimatstadt. Immer wieder gerne komme ich hierher zurück. Beobachte, wie sich die Stadt verändert. Nehme aber auch wahr, das gewisse Dinge
durchaus Bestand haben - und hiermit meine ich nicht nur das 2000 Jahre alte Stadttor, die Porta Nigra.
Wir gehen durch das Simeonstift und gelangen auf den Simeonstiftplatz, auf dem gerade ein kleiner französischer Markt stattfindet, der uns erst mal - kurz - von unserem eigentlichen Anlass ablenkt.
Aber schnell sind wir wieder "auf Spur" und machen uns auf Richtung Mosel, schließlich liegen noch über 20 km Wegstrecke bis zu unserem Hotel in Schweich vor uns.
Wir kommen vorbei an "meinem" Studentenwohnheim, dem Martinskloster, in dem ich das erste Jahr meiner Studienzeit verbringen und viele tolle Begegnungen erleben durfte.
Zu dieser Zeit habe ich noch die Kirchenorgel in zwei Hunsrück-Gemeinden gespielt. Gelegenheit zum Üben im Studentenwohnheim hatte ich keine. Also rief mich Donnerstags unser Pfarrer an und schmetterte mir durch das Telefon - ich saß hierzu in der Zentrale des Wohnheims (Smartphones waren zu dieser Zeit noch kein Thema) - die verschiedenen Kirchenlieder vor: Die, welche ich bereits "im Repertoire" hatte, wählten wir dann auch für den kommenden Gottesdienst aus. So musste ich nicht an meinem Wochenende zu Hause nur auf den Gottesdienst hin üben, sondern konnte mich auch noch mit Freunden treffen und am Volleyballtraining Freitagabends teilnehmen (Danke, August, für Dein Verständnis und Entgegenkommen! Ich werde die Gesichter der Kommilitionen, die in der Zentrale des Studentenwohnheims Telefon-Dienst hatten, nie vergessen, als sie Deine volle Stimme "Lobet den Herren" schmetternd durch's Telefon vernahmen 😄).
Direkt beim Martinskloster führt die Kaiser-Wilhelm-Brücke über die Mosel.
Hier auf der Brücke fällt mein Blick direkt auf "mein" Haus in der Bonner Straße im Ortsteil Pallien, in dem ich schließlich zum Ende meines Studiums - nach drei Jahren toller WG-Erfahrung - eine schnuckelige Kellerwohnung hatte.
Als schnuckelig hatte ich sie kurzzeitig nicht mehr empfunden, als im Dezember 1993 die Mosel über ihre Ufer trat und mir und meiner Diplomarbeit, die kurz vor Vollendung stand und deren
Abgabetermin nahte, drohte, zum Fenster "rein zu schauen". Mein Auto hatte ich glücklicherweise vorab bei einer Freundin in der Innenstadt geparkt - es wäre sonst komplett mit überflutet worden.
Allerdings hatte ich vergessen, Lebensmittel einzukaufen. Konnte ja nicht ahnen, dass ich die nächsten drei Tage nicht mehr raus kann. Zum Glück hatte ich tolle Vermieter (aus dem Hunsrück
stammend 😉), die mich zum einen mit Baldrian, zum anderen mit Essen gut versorgt haben.
Ich werde nie vergessen, wie mein Neffe 2. Grades, der mich einige Tage vor diesem Hochwasser besucht hat, mit seinen drei Jahren auf meiner Terrasse stand, auf die Mosel schaute und voller Ehrfucht sagte: "Boah....ist das das Meer?"
Ich stecke also inmitten meiner Erinnerungen an meine Studentenzeit in Trier. Und bin froh, bis heute mit so vielen tollen Menschen aus dieser Zeit noch immer verbunden zu sein - auch wenn man sich nicht oft sieht. Man hat sich noch immer im Blick und trifft man sich, hat man sich immer noch etwas zu sagen. Freundschaft.
Wir biegen an der B51 schließlich rechts ab, kommen an der Fachhochschule vorbei und unser Weg führt uns durch den Weisshauswald moselabwärts.
Früher gab es eine Kabinenbahn vom anderen Moselufer aus bis hier rauf zum Weisshaus. Diese wurde 2001 eingestellt. Auch das Weisshaus, in dem bereits 1881 ein Restaurant betrieben wurde, ist seit fast einem Jahr geschlossen.
Ein Blick zurück. Vom Weisshaus aus. Nach Trier.
Die ersten Kilometer verlaufen der Eifel- und der Moselsteig parallel.
Wir folgen einem schmalen Felsenpfad entlang der Hangkante des steilen Buntsandsteinfelsens, der für diese Gegend in der Trierer Talweite typisch ist und den Südrand der Eifel
bildet.
Immer wieder haben wir Ausblicke in das Moseltal.
Wir queren den Biewerbach und müssen in Biewer links erst steile Treppen, die in einen steilen Pfad auf dem Buntsandstein übergehen, hinauf. Bis wir schließlich zur kleinen Kapelle hier im Wald
gelangen und ein kurze Rast einlegen.
Weiter geht's durch Wald, über Wiesen und Weiden. Schließlich verabschiedet sich vor Ehrang der Eifelsteig vom Moselsteig und geht seinen Weg die restlichen gut 300 km alleine weiter quer durch
die Eifel bis kurz vor Aachen.
Schließlich erreichen wir die Kyll und kommen in Ehrang an. Hier ist die Strecke aktuell aufgrund einer eingestürzten Mauer auf dem Moselsteig umgeleitet. Auf diese Umleitung wird sowohl
im Internet als auch im Tourenplaner hingewiesen, wir sind
aufmerksam und die Umleitung ist auch gut ausgeschildert.
Wir haben Lust auf einen heißen Kaffee und ein schönes, großes, süßes Stück Kuchen. An der Strecke durch Ehrang können wir kein Café ausmachen, die in der Karte des Tourenplaners angezeigten
Betriebe liegen etwas von unserem Weg entfernt. Aber wir sind ja gut vorbereitet und ausgerüstet mit anderen leckeren Sachen - und es wächst auch die Vorfreude auf das gute Abendessen abends in
Schweich.
Die Tour neigt sich langsam dem Ende. Nach der letzten Rast am Wanderparkplatz kurz hinter Quint werden unsere Schritte doch immer schneller: Es ist zwischenzeitlich später Nachmittag, es wird
frischer und wir freuen uns auf einen gemütlichen Ausklang dieses Tages bei gutem Moselwein und guter Küche.
Laut Schrittzähler haben wir an diesem Tag vom/zum Hotel 24 km geschafft.
Am nächsten Morgen.
Ausgeschlafen.
Gestärkt.
Gut drauf.
Nach dem Frühstück wird gepackt und weiter geht's zum.........
.....Seitensprung "Klüsserather Sagenweg".
Nach gut 10 km Autofahrt sind wir in Klüsserath angekommen und folgen dem Weg durch die Weinberge hinauf zum Startpunkt des Seitensprungs: dem Parkplatz an der Klüsserather
Wetterstation.
Wir werden hier oben empfangen von und belohnt mit Sonne und einem ganz tollen Blick auf die Mosel und die Hunsrückhöhen. Obwohl es etwas diesig in der Ferne ist, sind wir begeistert und können
uns nur schwer davon abhalten, direkt die Liegebank, die hier aufgestellt ist, zu okkupieren. Statt dessen eisen wir uns von diesem Blick los und treten diese Rundtour, die ca 12 km umfasst, an.
Nicht, ohne immer wieder stehen zu bleiben, den Blick zu genießen und zu versuchen, diesen in einem Foto irgendwie festzuhalten.
Auch halten wir immer wieder inne an den Tafeln, die die Sagen erzählen, die diesem Weg den Namen gegeben haben.
Wir erfahren zum Beispiel vom Rudemsmännchen, welches noch heute Spuk hier verbreiten soll, nachdem es durch einen falschen Schwur den Streit um den Besitz des Rudemswald zwischen Klüsserath und
Thörnich vor Gericht beendete. Es wurde ob dieses Tricks vom Schöpfer bestraft und eilt seit dem ruhelos im Rudemswald umher.
Oder von der Jungfrau, die sich, auf einem Esel reitend, vor einem heidnischen Ritter, der sie verfolgt hat, durch einen Sprung mit dem Esel in den Abgrund gerettet hat. Die Jungfrau schwebte
sachte ins Tal - und als der heidnische Ritter staunend die unversehrte Jungfrau und den Esel unten im Moseltal wahrnahm, bekehrte er sich noch am gleichen Tag zum christlichen
Glauben.
Wir machen einen Zwischenstopp gegenüber von Neumagen-Drohn an der Grill- und Schutzhütte "Türmchen", nachdem wir über schmale Pfade steil bergauf- und bergab durch Eichenwald gewandert
sind.
Hier an diesem Hinkelstein soll die Jungfrau in den Abgrund gesprungen sein.
Wir schauen uns das ganz genau und intensiv und lange an - die Sinnesbank wurde hierfür sehr gut platziert.
Dieser längliche, aufrecht gestellt Stein (Menhir) (im Hintergrund) ist ca 3.500 Jahre alt und stammt aus der Jungsteinzeit.
Und das ist der Blick vom Platz des Hinkelsteins: Ein tolles Panorama! Über das Moseltal zwischen Pölich und Trittenheim. Wunderschön.
Auf der Hochfläche angekommen, gibt's dann statt der Weinreben Obstplantagen und viele alte Obstbäume.
Wir sind fast am Ende des Rundweges angekommen. Von diesem Platz hier starten bei gutem Flugwetter die Gleitschirmflieger über das Moseltal. Was muss das für ein Gefühl sein, über diese
Landschaft leise schweben zu können?
Der Startplatz ist aufgrund seiner Kürze recht anspruchsvoll. Ein Startabbruch ist hier nicht möglich. Landen kann man erst wieder, wenn man die Mosel überquert hat.....aber erst mal will man
noch nicht an die Landung denken (denke ich), sondern genießen. Ich bin noch nie mit einem Gleitschirm geflogen. Vielleicht wage ich mich ja mal und mache mal einen Tandemflug
mit?
Die letzten paar Meter führen uns entspannt vom Startplatz der Gleitschirmflieger auf breiterem Schotterweg entlang des Wald-/Weinbergsrand zurück zur Wetterstation. 12 km sagenreiche, abwechslungsreiche Rundtour liegen hinter uns.
Und heute finden wir eines!
Ein Cafèin Klüsserath, welches super leckeren selbst gemachten Kuchen anbietet. Wir machen es uns im Garten des Cafès gemütlich, genießen die Sonnenstrahlen, fühlen uns prima ob der geleisteten Wegstrecke an den beiden Tagen. Die guten Gespräche. Die wunderschönen Aussichten und Ausblicke.
Sind müde. Aber tut gut!
Gehaichnis.
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Jutta Henrich (Sonntag, 18 Oktober 2015 19:58)
Liebe Anja,
du hast alles, was dieses Wochenende zu einem rundum guten Gefühl macht aufgeschrieben. Danke dafür. Freue mich schon auf unsere nächste Wanderung
LG
Jutta