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Zu Hause in der Casa Ciclista!

 

 

Mächtiger Gegenwind. Berge. Wellen. Radkilometer.

 

Windschatten kann ich gut gebrauchen.

 

Zum vierten Mal führt mich mein Weg vom Flughafen Palma in Richtung Osten nach Cala Murada. Eigentlich dachte ich, den Weg auch Nachts zu finden - mein Flieger landet spät. Da ich bei sunny cars mein Auto gebucht habe, werde ich allerdings erst mal nach Can Pastilla gebracht und als ich endlich losstarten kann, ist es dunkle Nacht. Nach ersten Orientierungsschwierigkeiten treffe ich aber doch die MA19 Richtung Llucmajor und schließlich Felanitx und werde - obwohl es bereits kurz vor 23.00 Uhr ist - von Marcel und Daniel nett begrüßt. Kurzer Talk mit Marcel, der am nächsten Morgen wieder Richtung Deutschland reisen muss, bevor ich mein Appartement "Arriba" in der Casa Ciclista wieder beziehen darf.

 

Vor mir liegt eine Woche Radcamp mit Heike.

 

Eigentlich war diese Woche als "Ladies-Radcamp" geplant. Doch mangels Ladies wurde aufgestockt. Thomas, Klaus und Dieter treten mit Daniel in die Pedale, ich mit Heike. Einige Ausfahrten gehen wir gemeinsam an.

 

Jeder Tag startet mit einem gemütlichen, stärkenden und ausgiebigen Frühstück.

 

Man fühlt sich wohl in der Casa Ciclista - wie zu Hause.
Man fühlt sich wohl in der Casa Ciclista - wie zu Hause.


Es wird das Wetter gecheckt, sowie die Windrichtung. Hieraufhin wird die Route für den Tag geplant und der Treffpunkt mit Uhrzeit für die Mittagspause festgelegt.


Schließlich sind wir so gegen 10.00 Uhr, nach Flaschen füllen, Luft pumpen, startklar.


Gleich kann's los gehen!
Gleich kann's los gehen!


Den ersten Tag geht's für mich mit Heike über Manacor nach Petra. Schon der Weg raus aus Cala Murada fordert die noch nicht 'warmgetretenen' Beine. Es wird nicht besser bis Manacor - immer wieder lassen uns die Wellen aus dem Sattel steigen. Doch die folgenden Abfahrten sind dafür umso mehr zu genießen.


Es rollt. Mein Bike, welches mir zur Verfügung gestellt wird, ist wie für mich gemacht. Das Schalten funktioniert.

Nicht so im vergangenen Jahr, wo immer wieder beim Schalten die Kette absprang und man Marcel schon hörte: "Liegt nicht an der Schaltung. Ist ein Bedienfehler." Sah ich total anders!


Ich bin immer am Hinterrad von Heike, schaue bei ihr ab. Schalten. Aus dem Sattel gehen. Spur finden. Windschatten suchen.


Vorbei an Manacor, der zweitgrößten Stadt Mallorcas, geht es durch die Zentralebene Es Pla.



In der Zentralebene wird noch intensiv Landwirtschaft betrieben.
In der Zentralebene wird noch intensiv Landwirtschaft betrieben.
Hier im Inselinnern wird es am Sommer am heißesten.
Hier im Inselinnern wird es am Sommer am heißesten.
Blick auf den San Salvador.
Blick auf den San Salvador.


Wir treffen den Rest des Casa Ciclista-Teams zur Mittagspause in Petra.


Petra ist einer der ältesten Orte der Insel. Den Turm der Pfarrkirche San Pere sieht man schon von weitem. Der Gründer von San Francisco und San Diego, der Missionar Junipero Serra, ist hier in Petra geboren. Rund um den Placa del Pare Serra sind Cafés und Bars und zur Mittagszeit findet man hier in der Radsaison keinen freien Stuhl mehr.



Pause.
Pause.
Placa del Pare Serra.
Placa del Pare Serra.


Zurück geht's über Felanitx, s'Horta nach Cala Murada. Auf dem Weg liegen geniale Wellen, die ich - mit ausreichend Schwung - hinaufrollen kann - macht riesigen Spaß.

Diese Wellen sind aber auch nur aus dieser Richtung genial und für mich so zu genießen. Ein paar Tage später fahren wir diese aus der anderen Richtung auf dem Weg zum San Salvador. Hier empfinde ich dann nichts Spaßiges mehr und komme dem Team nicht mehr hinterher.


Man merkt, dass wir wieder der Küste näher kommen, der Wind ist frischer und schließlich hat man einen herrlichen Ausblick auf das Meer - ich möchte am liebsten abheben und eintauchen.


Es rollt.
Es rollt.


Bevor wir aber wieder nach dieser Runde am ersten Tag nach Cala Murada einrollen können, gilt es noch ein paar Hürden zu nehmen. Direkt hinter der Rechtskurve, aus Richtung Felanitx kommend, tut sich diese Rampe auf. Auf dem Foto unten wirkt sie irgendwie harmlos. Doch sie hat's in sich. Ich komme heute nicht ganz hinauf, meine beiden Knie gehen zu, nichts geht mehr. Selbst vom Rad kann ich nicht mehr absteigen. Deja vu. Im letzten Jahr hing ich auch hier an dieser gleichen Stelle wegen der gleichen Ursache. Nach Lockern der Muskulatur geht's wieder und ich rolle schließlich locker die letzten Kilometer nach Cala Murada.


An den folgenden Tagen passiert mir dies nicht mehr und ich schaffe es mit Schwung und Treten bis ganz hinauf.


Noch zwei Kilometer bis Cala Murada.
Noch zwei Kilometer bis Cala Murada.


Nachdem dann auch die letzte Rampe kurz vor der Casa Ciclista schließlich genommen ist, heißt es erst mal "cool down" bei einem kühlen Radler oder Bier, bevor.....



Geschafft.
Geschafft.



....ein super leckeres Abendessen, von Heike und Daniel zubereitet - schön kohlehydrathaltig, wie es sich für Radfahrer gehört - aufgetischt wird.


Davor darf Punkt 18.00 Uhr ein Aperol spritz nicht fehlen - der gehört einfach zur Casa dazu.


Verdient.
Verdient.


Vor und/oder nach dem Abendessen muss es aber noch ans - für manche von uns auch ins - Meer gehen. Die Buchten Cala Domingos und Cala Murada liegen nur wenige Gehminuten von der Casa entfernt.


Abendspaziergang zur Cala Domingos.
Abendspaziergang zur Cala Domingos.
Cala Domingos
Cala Domingos


Den zweiten Tag führt uns unsere Runde nach Cala Figuera. Während Heike und ich etwas lockerer rollen können, sucht Daniel für die Männerrunde auf dem Weg dorthin noch schöne anspruchsvollere Passagen aus. Treffpunkt ist eine nette Bar mit einem noch netteren Blick über die Felsbucht von Cala Figuera. Gemeinsam fahren wird zurück über die Cala Mondrago bis Portocolom. Ab hier lässt sich Daniel für die Herren nochmal eine schöne Extrarunde einfallen, während Heike und ich durch die sengende Sonne Richtung Casa kurbeln.


Unser Blick während der Mittagspause über die Cala Figuera.
Unser Blick während der Mittagspause über die Cala Figuera.
Cala Figuera
Cala Figuera
Portocolom
Portocolom
Portocolom
Portocolom


Am dritten Tag soll uns die Tour eigentlich nach ses Salines führen. Wir drehen aber hinter Santanyi rechts ab - der Gegenwind ist einfach zu heftig.

Bis Felanitx pedalieren wir gemeinsam mit Daniel, Thomas und Klaus und gönnen uns hier wieder erst einmal eine kleine Pause bei leckerem Schinkensandwich und kaltem, erfrischendem aqua con gas.


Trotz Mittagshitze geht das "Team Daniel" nach der Pause den San Salvador an, während Heike und ich durch die flammende Hitze der Serra de Llevant den Weg zurück zur Casa antreten.

Der Weg führt uns durch das wunderschöne Tal von Son Macia. Am Ende des Tales erklimmen wir wieder den Weg zur Straße zwischen Cala Murada und Portocristo und biegen ab nach Cala Domingos. Die Verbindung zwischen den zwei Orten Cala Domingos und Cala Murada besteht aus drei tollen Rampen. Also heißt es: dickes Blatt, Schwung holen und ab geht die Post die Rampen rauf. Das bringt richtig Gaudi und macht Spaß. Und das Beste: wir kommen hinter der fiesen Welle (siehe oben) wieder auf den Weg nach Cala Murada.


Pause in Felanitx.
Pause in Felanitx.

 

Vierter Tag.

Ruhetag - was das Radfahren betrifft.

 

Thomas, Klaus und ich machen uns aber auf, mit dem Auto den Westen der Insel zu erkunden. Erst besuchen wir einen Freund von Thomas in ses Illetes bevor wir uns in die Serra de Tramuntana begeben. Der erste Stopp ist natürlich Valldemossa. Dieser Weg hierauf ist auch eine schöne Radstrecke. Doch ich bin froh, heute mal die Beine ruhen lassen zu können und wünsche den Radfahrern hierher Durchhaltevermögen und Kraft.

 

 

Durch die Gassen von Valldemossa
Durch die Gassen von Valldemossa
Klosterkirche von Valldemossa
Klosterkirche von Valldemossa
Blumenspiel
Blumenspiel


Das nächste Ziel ist sa Calobra. Über Deia und Soller folgen wir der MA 10 Richtung Puig Major. Diese Strecke ist auch Bestandteil des Jedermannrennens MA312 Ende April - 1 x rund um die Insel auf 312 km in maximal 14 Stunden. Auch die "kleinere" Variante über 167 km (MA167) mit 2.500m Höhenunterschied ist eine Herausforderung.


Auch heute kurbeln viele Radfahrer diese Strecke hinauf.


Blick auf Soller.
Blick auf Soller.


Schließlich geht's links ab die 13 Kilometer nach sa Calobra. Wir folgen der "Schlangenstraße" (Calobra = Natter) hinab in die Bucht. Für den Bau dieser Straße, die zwischen 1920 und 1936 entstand, als in der Bucht ein paar Fischerhäuser standen, mussten 47.000 Kubikmeter Erde, Fels, Geröll in dieser Karstlandschaft abgetragen werden. Größtenteils ohne Maschinen. Ein immenser Aufwand.


Heute dient der Weg vielen Radfahrern, die die 800 m Höhenunterschied bewältigen möchten. Eine Möglichkeit besteht, dass sich die Radfahrer per Schiff von Port de Soller nach sa Calobra bringen lassen, damit sich diese dann die abenteuerlichen Radtour über diese ungewöhnliche Straße vornehmen können.


Die Schlangenstraße
Die Schlangenstraße
Auf dem Weg nach sa Calobra
Auf dem Weg nach sa Calobra


In der steilwandigen Bucht von sa Calobra angekommen läuft mir erst einmal ein Bekannter aus der Heimat über den Weg. Ich freue mich, Erek, der mit Familie und Freunden in Santanyi Urlaub macht, hier zufällig zu treffen.


Die Welt ist klein
Die Welt ist klein


Von der Bucht aus führen Fußgängertunnel zur Mündungsschlucht des Torrent de Pareis. Diese Schlucht ist nach der Samaria-Schlucht auf Kreta die zweitgrößte Erosionsschlucht im Mittelmeerraum. Wir nehmen davon Abstand, das trockene Flußbett der Schlucht weiter landeinwärts in der Mittagshitze zu erkunden.


Cala sa Calobra
Cala sa Calobra
Mündungsschlucht des Torrent de Pareis
Mündungsschlucht des Torrent de Pareis

 

Es gilt, die Schlangenstraße wieder hinauf zu fahren, Radfahrer, entgegenkommende Busse und Autos lassen Klaus, unseren Fahrer, hochkonzentriert bleiben. Schließlich verlassen wir wieder die Serra de Tramuntana, queren die Insel und kommen rechtzeitig zum Aperol spritz wieder in der Casa an.

 

Für den fünften Tag sind 34° vorhergesagt und enorme Windstärken von bis zu 29 km/h. Das gesamte Casa Ciclista-Team macht sich auf den Weg Richtung Süden nach ses Salines und fährt weiter über Campos nach Llucmajor. Hier trennen wir uns für einige Kilometer: Während das "Team Daniel" den Puig de Randa hochfährt, machen Heike und ich uns schon mal auf den Weg nach Porreres, wo wir uns wieder alle treffen. Über Felanitx geht's gemeinsam bei sengender Hitze und enormem Seitenwind nach Cala Murada. Trotz der Hitze und des starken Windes haben wir an diesem Tag nach dem Ruhetag 105 km geschafft.

 

Pause in Porreres.
Pause in Porreres.


Der vorletzte Tag.

Gestern noch heiß und stickig. Heute bewölkt und kühl.


Heike und ich fahren schon mal vor Richtung Portocristo. Die Jungs haben uns schnell wieder eingeholt. Während wir über Manacor zum "Korkenzieher" (eine sich wie ein Korkenzieher hinaufwindende Straße nördlich von Manacor, die auf die Straße zwischen Petra und Arta führt) fahren, gibt's für die Jungs wieder einmal eine Extrarunde über Portocristo.


Wir sind etwas zu früh in Petra und fahren noch einen Schlenker rund um den Ort. Auf die Frage von Heike hin, ob der Schlenker eher flach oder bergig sein soll, bin ich tatsächlich für die bergigere Variante. Ich kann bis heute nicht glauben, dass ich es war, die dieses äußerte. Vor jeder noch so kleinen Steigung habe ich riesigen Respekt und ich fahre -zig mal lieber -zig Kilometer im Flachen als auch nur einige Prozent Steigung. Doch jetzt kann und möchte ich nicht mehr meine Aussage revidieren. Also geht's vor der Mittagspause hinauf zur Ermita de Bonany. Das Runterrollen nach Petra im Anschluss an diesen Aufstieg ist die reinste Wohltat.



Umdrehung für Umdrehung. Rhythmus finden.
Umdrehung für Umdrehung. Rhythmus finden.
Angekommen. Ermita de Bonany.
Angekommen. Ermita de Bonany.
Blick auf Petra.
Blick auf Petra.
Mach mal Pause. Petra.
Mach mal Pause. Petra.

 

Sechster Tag.

Abreisetag.

 

Aber vorher heißt es noch: San Salvador!

 

Am Abend vorher früh schlafen gehen. Sich nicht von der Stechmücke um den Schlaf bringen lassen (und diese erst morgens beim Aufstehen "erlegen"). Gut frühstücken.

Die Nervösität steigt.

Erst mal fahren wir uns über s'Horta bis Felanitx eine Stunde warm, bevor wir die Stoppuhr bei Kilometer Null zum San Salvador hin drücken. Los geht's. Den Rückenwind nutzen und auf den ersten Metern Zeit gewinnen. Die Männer und Heike sind schnell aus meiner Sichtweite. Ich kurbel Umdrehung für Umdrehung in meinem Tempo den Berg rauf.

Kurve für Kurve.

Kilometerstein 1.

Kilometerstein 2.

Endlich die kleine Kapelle rechts. Hier folgt ein ziemlich steiles Stück.

Heike kommt mir entgegen. Zieht mich einen Teil mit. Ich versuche, an ihrem Hinterrad kleben zu bleiben, ihren Windschatten zu nutzen, nicht abreißen zu lassen, die optimale Spur zu halten.

Der Gegenwind ist nach den Linkskurven enorm.

Kilometerstein 3.

Dann ein etwas flacheres Stück. Einen Ritzel höher schalten. Noch einen.

Kilometerstein 4.

Es wird wieder steiler. Heike zieht nochmal davon.

Schließlich kommen Heike und Daniel, ziehen mich den letzten Kilometer der insgesamt fünf mit rauf, feuern mich an. Ich spüre die insgesamt 431 km der letzten Tage in meinen Beinen. Endlich links das große Steinkreuz. Jetzt ist es nicht mehr weit.

Schließlich komme ich oben an!

 

GESCHAFFT!

 

Der Wind pustet einen regelrecht weg. Lange hier aufhalten ist nicht. Schnell das Beweisfoto, Windjacke und Ärmlinge an und ab geht's wieder die Serpentinenstraße nach unten Richtung Felanitx. Unten angekommen bin ich richtig durchgefroren. Wahnsinn. Vorgestern waren es noch 34°, heute 16°.

Über das Tal von Son Macia und die Rampen von Cala Domingos geht's zurück zur Casa.

 

Auf dem San Salvador. 510 m
Auf dem San Salvador. 510 m


Die Räder putzen.

Packen.

Reste verzehren.

Ein letzter Gang durch den Garten.

Ein letzter Blick vom Dach der Casa auf die Cala Murada.

Abschied nehmen von der Casa Ciclista.


Wir fahren alle zusammen zum Flughafen. Auch Daniel und Heike müssen zurück nach Deutschland. Auf sie wartet kommende Woche die Tour de Kärnten mit dem Casa Ciclista-Jedermann-Team.

Wir können schon die Koffer aufgeben.

Dieter's Flug geht als erster. Adios! Bis zum nächsten Mal!


Mit den restlichen vier Casa's fahre ich noch rasch zum Ballermann. Ich war hier noch nie. Wir haben noch Zeit, am Ballermann 13 einen letzten Aperol spritz zu trinken und ein Schinken-Baguette zu essen.


Dann heißt es auch für uns fünf Tschüss zu sagen. Der eine fliegt nach Stuttgart, die nächsten nach Paderborn bzw. Köln. Gute Heimreise!


Im Garten der Casa.
Im Garten der Casa.
Blick vom Dach der Casa Ciclista auf die Cala Murada.
Blick vom Dach der Casa Ciclista auf die Cala Murada.
An der Platja de s'Arenal.
An der Platja de s'Arenal.


Ich habe an diesen sechs Radfahr-Tagen 496 km geschafft, saß über 22 Stunden im Sattel und hatte eine absolut geniale Zeit mit Heike, Daniel, Dieter, Klaus und Thomas in der Casa Ciclista.


Danke!


Bis zum nächsten Mal!


Hasta la vista! Und: Kette rechts!


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Kommentare: 2
  • #1

    Ingo (Sonntag, 17 Mai 2015 20:09)

    Da bekomme ich allein vom Lesen auf der Couch Muskelkater ;-)

    Respekt!

    Ich begebe mich in einer Woche auch nach Spanien. Aber das Festland (Alicante). Und die Region erkunden. Allerdings mit dem Auto :-D

  • #2

    Max (Sonntag, 17 Mai 2015 22:29)

    Sehr schön geschrieben. Tolle Bilder!